Zwischentag

Heute ein Zwischentag. Eine Hörspiel-Serie für Kinder, die mich in den letzten Wochen in der Hauptsache beschäftigt hat, ist so weit versandfertig und ich warte auf die Rückmeldungen meiner zwei Erstleser. Ich möchte den Zwischentag für eines meiner Herzensprojekte nutzen- meine Novelle „Der Koffer“. Ich habe den Text ursprünglich 2009 geschrieben und ihn ab 2010 verschiedenen großen Verlagen, Literaturagenturen & auch einigen Indie-Verlagen angeboten.

Einerseits war ich auf jede Menge Ablehnungen gefasst. „Eine eigenständige Novelle läuft nur von bereits etablierten Autoren“. Das war so in etwa meine Erwartung, was den allzu gewissen, Standard-Ablehnungstext angeht. Und doch hofft man immer auf das kleine Wunder, wünscht sich die eine Ausnahme von der Regel zu sein.

Als ich vor vielen Jahren noch Film gemacht habe, habe ich tatsächlich – beinahe – eine solche Ausnahme erlebt. Ich habe mit einem Freund zusammen ein Tatort-Drehbuch geschrieben. Es war unser beider erstes Langdrehbuch, wir hatten so gut wie keine Erfahrung. Ziemlich vermessen von uns, gleich mit unserem ersten, großen Fernsehbuch beim Tatort landen zu wollen. Wir sind dann bei der Redaktion ziemlich weit gekommen mit unserem Text. Immerhin hat man uns aufgefordert, noch einmal eine zweite Fassung zu schreiben. Leider ist das Projekt dann doch nicht umgesetzt worden – ganz sicher aus guten Gründen, bei denen die meisten in unserem Drehbuch selbst zu finden sein dürften. Trotzdem fand ich das damals ermutigend. Es klingt vielleicht ein bißchen daher gesagt: aber es war wirklich lehrreich.

Bei der Novelle habe ich mir vielleicht etwas ähnliches gewünscht. Das mein Text durch seine Qualität eine qualifizierte Rückmeldung erhält. Viele Monate lang ist eine solche Reaktion dann ausgeblieben- erwartungsgemäß. Bei all den unverlangt eingesandten Manuskripten ist das sicher auch nur folgerichtig. Allerdings kam dann doch noch ein Brief von einem großen Publikumsverlag, der mir viel Freude gemacht hat. Eine sehr ausführliche, wohlwollende Absage . Auf zwei Seiten eine detaillierte Analyse meiner Novelle- hätte ich nicht gleich den letzten Satz zuerst gelesen, hätte ich mir 2 Seiten lang Hoffnung auf eine Veröffentlichung gemacht. Der letzte Satz sinngemäß: es gibt für diese Art von Literatur nicht genügend Leser. Ich habe danach immer mal wieder einige Verlage angeschrieben, meist ganz ohne Rückmeldung. Irgendwann habe ich aufgegeben.

In der Zwischenzeit hatte die Realität meinen Text eingeholt. Die Novelle ist eine Revolutionsgeschichte. Ein Studentenaufstand in einem totalitär regierten Staat wird blutig niedergeschlagen. Ich erzähle die Geschichte einer jungen Mutter, die Teil dieses Aufstands ist. Der Staat, den ich mir ausgedacht habe, ist keine konkrete Darstellung eines bestimmten Landes. Ich habe als Schüler mit Asylsuchenden gearbeitet- der Staat in meiner Novelle ist eine Quintessenz dessen, was mir Menschen aus Syrien, aus Kamerun, aus der Türkei, aus dem Iran oder dem Kosovo erzählt haben. In einigen dieser Länder haben die Aufstände dann ja tatsächlich stattgefunden. Und ihr letztendlicher Ausgang ist nicht nur im offensichtlichsten Fall von Syrien noch sehr ungewiss. Trotzdem: was hätte ich mir gewünscht, dass mein Text schon in der Welt ist. Ein Stück weit erzählt er nämlich von genau jenen Menschen, die da zum Beispiel im arabischen Frühling auf die Straßen gegangen sind.

Also hatte ich mir eigentlich vorgenommen, die Novelle selbst zu verlegen. Vor allem, weil ich wollte, dass die Geschichte endlich in der Welt ist. Aber durchaus auch, um zu schauen, ob nicht das eBook uns Autoren genau für jene Texte eine Nische bietet, die die Verlage für zu klein für ihre Kalkulationen halten. Dann ist mir etwas sehr schönes passiert. Mir war klar, dass ich mich um ein kompetentes, kritisches Lektorat bemühen muss. Eine befreundete Autorin mit viel Lektorenerfahrung hat diese Arbeit übernommen- und mir dazu geraten, doch noch einmal weitere Verlage anzuschreiben. Das mache ich jetzt- oder genauer heute. Ich überarbeite noch einmal das Probekapitel. Um beim Titel zu bleiben: die Novelle bekommt noch einmal einen letzten „Zwischentag“ auf dem Schreibtisch eines Verlags-Lektoren, einer Verlags-Lektorin, bevor ich ihn dann selbst veröffentliche…

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