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Unanständige Hilfsbereitschaft

Kleine Alltagsbegegnung in der Straßenbahn. Zwei ältere Frauen steigen ein, setzen sich zu mir in die Viererbank- eine mir zur Linken, die andere gegenüber. Ich sehe nur die Frau, die mir gegenüber sitzt. Ich lese in einem Roman von Noteboom und teile meine Aufmerksamkeit zwischen dem Gespräch der beiden Damen und dem Text. Bald aber sind die Buchseiten nur noch ein Lausch-Alibi.

Ununterbrochen versichert die Dame neben mir der Dame gegenüber, mit der sie offenbar gerade eine Art Termin hatte, dass sie ihr auch weiterhin bei ihrem Problem helfen wird. Ich schaue auf, die Frau mir gegenüber ist geradezu verzweifelt ob der Hilfsbereitschaft ihrer Gesprächspartnerin. Oder besser: sie ist zu anständig, um von dem Redeschwall entnervt zu sein. Die ganze Zeit ringt sie die Hände, ganz besonders dann, wenn die helfenden Hände ihres Gegenübers ihre Oberschenkel tätscheln. „Ich bin immer noch ganz überrascht, wie sehr Sie mir helfen wollen“ sagt sie. Und leidet Qualen. „Rufen Sie mich jederzeit an, oder schreiben Sie es auf. Auf einen Zettel. Den können Sie mir dann bringen“. Sie antwortet gar nicht mehr.

Als ihre Helferin aussteigt, beginnt diese Frau zu wachsen. Sie wird im Wortsinne größer: und lächelt auf eine Art und Weise, die nicht mehr ganz so anständig ist.


200 Jahre Melatenfriedhof: ein kleiner Textauszug zum Jubiläum

Im Radio kommt ein kleines Feature zum zweihundertjährigen Jubiläum des Melatenfriedhofs. Ich fahre mit dem Auto meine Strecke ab, höre dem Beitrag zu, und meine Gedanken treiben aus. Der Auftakt des Features läuft ab. Zur Vorgeschichte des Friedhofs. Öffentliche Hinrichtungsstätte. Dass man hier die Erde eröffnet um seine Toten zu begraben, wo einmal der Richtblock […]


Heiterkeit

Kleine Alltagsbegegnung im Supermarkt. Einkaufen gleich als erstes am Morgen. Leere Räume, vollgestellt mit dicht gepackten Regalen. Einkaufswagen schieben. Bewusstes Denken im Alltagsschlaf. Dazu folgende Assoziation: ich sitze als Jugendlicher im abgedunkelten Filmraum meiner Schule, und zwar ganz in der Nähe des ratternden Projektors. Das  knallende Laufgeräusch der Filmspule löscht die dürre Sprecherstimme aus dem […]


Zum 11. September: eine autobiographische Miniatur

Zum elften September – eine kleine autobiographische Miniatur, die ich vor einigen Jahren geschrieben habe: Ein Tod im September